Mittwoch, 2. November 2011

So ist unser Echaztal durchlöchert

7521/40 RATHAUSHÖHLE



Am 4. Juni 1976 wurde beim Aushub der Baugrube für das neue Rathaus in Lichtenstein-Unterhausen diese Tuffhöhle angeschnitten. Sie wurde daraufhin sofort vom Zweckverband Höhlen- und Karstforschung Schwäbische Alb (der heute nicht mehr existiert) bearbeitet und vermessen.

A. Beschreibung der Höhle.

Durch einen der beiden Einbrüche gelangte man zunächst ohne Hilfsmittel in die 5,7 m lange Etage der Rathaushöhle, die das typische Bild einer primär entstandenen Tuffhöhle bot. Wände und Deckelwaren mit schönen Oscillatoriaceentuff-Kalotten ausgebildet; der Boden bestand aus Bauschutt, der von dem Anschnitt her-rührt.

Unterhalb des Einbruchs I gelangte man durch einen engen Schachtanstieg in die Große Untere Halle (8 m Seilleiter!). Die Halle bot einen für eine Tuffhöhle völlig atypischen Anblick und erinnerte eher an Hohlräume in den Weißjura-Kalken. Am Grund der Halle lagerte mächtiger Versturz, der insbesondere im Bereich der Tropfgalerie durch das Abkippen von Wandpartien entstanden sein dürfte. Der Versturz mußte schon sehr alt sein, da er fest-gesintert war und nirgends frische Bruchflächen zu erkennen waren. Trotz der Aushubarbeiten über der Halle waren keinerlei Risse an Decke und Wänden feststellbar, was für die Festigkeit und Elastizität der Gesteine sprach. Neben dem Versturz hatte sich am Grund der Halle in ebener Fläche Tuffsand abgelagert, über welchem sich ein kleiner See ausgebildet hatte. Er wurde durch Wasser gespeist, das in der Tropfgalerie als kleiner Wasserfall an den Wänden herablief sowie durch starkes Tropfwasser von der Decke.

Da die Tropfgalerie bis auf 1,5 m. an die höher gelegene Echaz heranführte, dürfte das Wasser dort seinen Ursprung gehabt haben. Das Wasser des Sees floß in eine enge Spalte zwischen Versturzblöcken ab; man erblickte dort in etwa 1 m Tiefe ein Wasserbecken. An den Wänden und an der Decke der Halle waren nirgends die sonst für Tuffhöhlen charakteristischen Oscillatoriaceen- oder Schizothrixkalotten zu sehen; man fand aber schön herauskorrodierte Moostuffästchen. Die vorwiegend rostrote bis schwarzbraune Färbung sowie die Härte des Gesteins ließen auf einen hohen Eisengehalt schließen. Sinterbildungen waren nur spärlich vorhanden; in der Tropfgalerie fand man aber zahlreiche kleine Sinterbecken.

Deutlich war zu erkennen, daß es sich bei der oberen Etage der Rathaushöhle um eine primäre Tuffhöhle handelte, die zusammen mit der Tuffbarre im Echaztal entstanden ist. Die gesamte Struktur der unteren Halle ließ jedoch vermuten, daß es sich bei ihr im Gegensatz zu sämtlichen anderen bereits bekannten Tuffhöhlen des Echaztales um einen sekundären, durch erneute Korrosion und Erosion entstandenen Hohlraum handelte. Zu einer genaueren Untersuchung kam es leider nicht mehr. Auf Grund des Zusammenspiels mehrerer unglücklicher Umstände wurde die Decke der Halle zerstört und die Höhle mit Beton aufgefüllt. Eine Erhaltung der Rathaushöhle wäre nach Ansicht des Verfassers bautechnisch möglich und sicherlich billiger gewesen.

Literatur:
Scheff, J. Die Rathaushöhle in Lichtenstein-Unterhausen oder Höhlenschutz ade!
(Mitt.d.Verb.Deutscher Höhlen-u.Karstforscher, 22.Jg, No.3, S.112, München 1976).


Plan und Text mit Genehmigung von Jürgen Scheff

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