Sonntag, 12. Dezember 2010

RP Entscheidung des letzten Jahrhunderts

Abschrift GEA, Samstag, den 12.Juli 1986


Regierungspräsidium:

Deckel die beste Lösung
Resultat der Untersuchung

Pfullingen. (-esch) Das Regierungspräsdium Tübingen bleibt bei seinem Trassenvorschlag für einen Albaufstieg im Zuge der Bundesstraße 312: Verkehrsstraße Ost in Pfullingen und die ebenfalls weitgehend unter einem Deckel geführte Straße durch Lichtenstein. Abteilungsdirektor Willy Junginger von der Straßenbauabteilung der in Tübingen ansässigen Behörde formulierte es vor rund 600 Zuhörern in der Lichtensteinhalle in Unterhausen bei einer Informationsver-anstaltung zum Straßenbau weniger direkt. Bei vorsichtiger Einschätzung aller bisher zur Verfügung stehenden Untersuchungen sei man zur Ansicht gekommen, daß man die Variante l auf den ersten Platz der machbaren Lösungen setzen sollte. Junginger räumte ein, daß noch nicht alle Untersuchungen gemacht wurden. Beispielsweise stehe das klimatologische Gutachten noch aus. Bei ihrem Entschluß bleiben aber auch Lichtensteins Gemeinderäte. Sie fordern den Bau des Albaufstiegs auf der sogenannten Dingler-Trasse (Variante 7 a).

Bei der Entscheidungsfindung haben laut Junginger folgende Aspekte gepunktet: die Behörde gehe davon aus. daß die Ost-Umgehung Pfullingens real ist, daß die Trasse l in Lichtenstein auch für den Fernverkehr akzeptabel ist, daß die Lärmbelästigung durch den Deckel gegenüber der ursprünglich geplanten offengeführten abgesenkten Straße erheblich reduziert wird, daß der Albaufstieg abschnittsweise gebaut und daß nach dem Leitmotiv »Ausbau vor Neubau« gehandelt werden kann und daß die Trasse 7 a aufgrund rechtlicher Vorgaben wohl nicht realisiert werden könne.

Preise nannte bei der Trassenvorstellung Regierungsoberbaurat Frank Adam. Über die Vor- und Nachteile der verschiedenen Varianten sowie über die Gefahr für die Wasserversorgung von rund 45 000 Menschen in den Städten und Gemeinden Reutlingen, Pfullingen, Engstingen und Lichtenstein hat der GEA ausführlich am Samstag, 5. Juli, und Mittwoch. 9. Juli, berichtet. Nach Adam müßten für die Zellertaltrasse (Variante 6) 93 Millionen Mark eingeplant werden. Die Arbachtaltaltrasse mit ihren 15 Kilometern Länge und neun Brücken koste 122 Millionen Mark. Zwanzig Millionen Mark mehr, 142 Millionen, müßten für die Dingler-Trasse angelegt werden. Die Variante vier (Schönberg - Stuhlsteige mit Untertunnelung bis zur Landesstraße 230) kommt nach Adams Angaben auf 180 Millionen Mark. Mit 95 Millionen Mark ist die Variante drei (Schönberg -Stuhlsteig) veranschlagt. In die Trasse zwei (Lippental - Reißenbachtal - Landesstraße 230) müßten 149 Millionen Mark investiert werden.

Leitender Regierungsdirektor Richart Bendeich erläuterte die hochgerechneten Verkehrsströme anhand von Schaubildern. Bei diesen Erhebungen habe sich gezeigt, daß ein Albaufstieg außerhalb der Gemeinde Lichtenstein, durchs Arbachtal oder auf der Dingler-Trasse also, nicht die erhoffte Entlastung für Unterhausen und Honau bringe. Bendeich untermauerte seine Aussage mit einem Zahlenbeispiel (Planungsfall vier. Verkehrsstraße Ost Pfulllingen besteht): über die Trasse 7 a würden dann pro Tag nur 5 400 Einheiten gezählt, auf der Pfullinger Osttrasse 11 500, nördlich von Unterhausen 12 000, zwischen Unterhausen und Honau 8 580 und in Honau 7 480.

Klaus Thilo vom Ingenieurbüro Dr. Ulrich, Leutkirch, stellte das Ergebnis der hydrogeologischen Untersuchungen vor (der GEA berichtete darüber). Überraschende Details aus der wasserwirtschaftlichen Sicht zur Tunnellösung hatte Dr. Johannes Aschauer parat. Mit 47 Bohrungen habe man sich ein genaues Bild von den Grundwasserverhältnissen verschafft. Er wies auf die Gefahren für die Quellfassungen in Honau und in Unterhausen (für die Albwasserversorgungsgruppe XIV. angeschlossen sind Holzelfingen und Engstingen) hin. Würde die Deckeltrasse gebaut, müßte die Tunnelröhre nach innen und außen vollkommen dicht sein, um das Grundwasser nicht zu gefährden. Die Röhre müßte auf bestimmten Abschnitten auf Stelzen stehen, die dreißig Meter tief in den Boden getrieben werden müßten.

Die Gefahr für die Quellfassungen durch Verunreinigungen habe ein Versuch gezeigt. Bei einer Bohrung in Oberhausen habe man Farbe in das Wasser eingebracht. Nach vier Stun-den sei in der Quellfassung der Albwasserversorgungsgruppe die Verunreinigung registriert worden. Sein Fazit: aus hydrogeologischer Sicht sei das Gebiet für die Deckeltrasse eins ein sehr sensibler Bereich. Die Straße sei eine latende Gefährdung für die Wasserversorgung. Ein Zustand, der allerdings heute schon bestehe, wie man zugeben müsse.


Wer kann sich noch daran erinnern?

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